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Welche Gruft in Wien lohnt sich am meisten?

„Die Wiener gehen gern Gruften schaun“

Man sagt den Wienern und Wienerinnen nach, sie hätten einen besonderen Umgang mit dem Tod. „A scheene Leich“, also eine schöne und würdevolle Beerdigung, gehörte und gehört in Wien zum guten Ton. Neben dem Zentralfriedhof lässt sich der Prunk rund um Bestattungen vor allem in den Wiener Grüften nachvollziehen. Doch welche der Gruften in Wien lohnt sich besonders für einen Besuch? Ich habe hier eine Übersicht – und einen klaren Favoriten – für dich.

„Foto: C.Stadler/Bwag“
„Foto: C.Stadler/Bwag“

Herzogsgruft: Katakomben im Stephansdom

Der Stephansdom ist das Zentrum und Wahrzeichen Wiens. Mit einer Höhe von 136 Metern Höhe ist er zudem die höchste Kirche Österreichs. Ein Besuch inklusive Turmbesteigung gehört für viele zum Wienbesuch unbedingt dazu. Für uns geht es allerdings nicht in die Höhe, sondern unter den Dom in seine Katakomben. Die Katakomben des Doms können nur im Rahmen einer öffentlichen Führung besichtigt werden. Der Treffpunkt befindet sich im Inneren des Domes an der Treppe, die ins Reich der Toten führt. Anmelden muss man sich vorab nicht.

Mit einem Domführer geht es dann vorbei an einer Kapelle zunächst in den ältesten Teil der Gruft aus dem Jahr 1486. Hier ruhen zahlreiche namhafte Habsburger – oder zumindest teilweise. Damals war es üblich, die Körper und Innereien separat zu bestatten. Die Innereien wurden in Metallgefäßen mit Alkohol gepackt, die Körper getrennt in anderen Grüften, etwa der Kaisergruft, bestattet. Da kommt es auch mal vor, dass Gefäße undicht werden. Laut unserem Domführer ist vor etwa acht Jahren einer der namhaften Herren ausgelaufen, was offenbar mit großem Gestank verbunden war. Bischöfe und Domherren wurden allerdings komplett bestattet und so finden sich auch einige Kupfersärge in den Katakomben. 

Der neuere Teil der Katakomben ist der eigentlich spannendere. Hier sieht es genau so aus, wie man sie sich einen unterirdischen Friedhof vorstellt. Dunkle Gänge, stickige Luft und Räume, in denen bis unter die Decke Gebeinen gestapelt sind, die man durch Gitter betrachten kann. Bis zum endgültigen Verbot der Bestattungen innerhalb der Stadtgrenze im Jahr 1783 wurden hier in 30 Grabkammern über 10.000 Menschen zu Grabe gelegt.

Infos

Die Katakomben sind nur im Rahmen einer Führung zu besichtigen. Diese kostet 6 Euro (am besten passend bereithalten) und findet regelmäßig statt. Die genauen Zeiten findest du hier. Fotografieren ist in den Katakomben verboten.

Fazit: Die Führungen durch die Herzogsgruft sind dank der Beliebtheit des Domes als Sehenswürdigkeit immer gut besucht. Man wird etwas herdenmäßig durch die Katakomben geschleust, aber die Führung selbst ist dennoch interessant und die Unterwelt des Domes sehenswert. Wenn man den Dom eh besuchen will, kann man die Gruft auf jeden Fall mitnehmen. Wer nur wegen der Gruft und der schaurigen Atmosphäre kommt, ist vielleicht woanders besser aufgehoben.

Michaelergruft. Bild: Robert Passini

Michaelergruft: A scheene Leich

Auch die Michaelergruft lässt sich nur im Rahmen einer Führung besuchen. Treffpunkt ist vor der Michaelerkirche gegenüber der Hofburg am Michaelerplatz. Hier begrüßt uns eine resolute Dame, die uns mit flotten Sprüchen gleich zum Lachen bringt. Von ihr stammt auch der Satz vom Anfang: „Die Wiener gehen gern Gruften schaun“. Nach einer kurzen Einführung im Kirchenschiff, geht es über Treppen in den Untergrund.

Durch die Nähe zur Kaiserburg war die Michaelergruft bei Adligen und höhergestellten Persönlichkeiten sehr beliebt und die Kirche ließ sich die Bestattungen einiges kosten. Die Särge kamen zunächst über Öffnungen im Boden der Kirche in die Tiefe. Doch durch diese drang ein permanenter Verwesungsgestank ins Kircheninnere, sodass Beschwerden seitens der Gottesdienstbesucher laut wurden. Gut, dass heute nichts mehr davon zu riechen ist. Rund 4000 Menschen, Hofadel und gutbetuchte Bürgerliche wurden hier von 1560 bis 1783, als die innerstädtischen Beerdigungen aus hygienischen Gründen untersagt wurden, bestattet.

Einzigartig an der Michaelergruft sind die bunt bemalten Holzsärge, auf denen Vanitasmotive wie Sanduhren und Totenköpfe zu sehen sind und die teilweise sehr gut erhaltenen Seidenkleider der durch das günstige Klima in der Gruft mumifizierten Leichen. Einige der Särge haben gläserne Deckel, sodass man die mumifizierten Leichen mit ihren prächtigen Kleidern aus der Nähe betrachten kann. Der Anblick ist vielleicht ein wenig gruselig, aber vor allem faszinierend! Besonders sticht die sogenannte „Sleeping Beauty“ hervor. Ein junge Frau in schwarzem Seidenkleid und feinen Schuhen gekleidet, die seit 300 Jahren tot ist und wirkt, als würde sie friedlich schlafen. 

Heute stehen die Holz- und Metallsärge der Michaelergruft fein säuberlich nebeneinander. Das war aber nicht immer so. Früher stapelten sich in der Gruft die Särge vier- oder fünffach übereinander und die Räume waren komplett überfüllt. Durch das Gewicht zerbrachen die Särge und die sterblichen Überreste landeten durcheinander auf dem Boden. Der Boden, auf dem man heute steht, ist eigentlich eine Schicht aus kaputten Särgen und unzähligen Knochen- und Kleiderresten. Durch diese Schicht ist das Bodenniveau heute anderthalb Meter höher als ursprünglich.

1923 übernahm der Salvatorianerorden die Verwaltung der Kirche. Die Ordensbrüder waren es, die in jahrelanger Arbeit Ordnung in die Gruft brachten. Heute stehen die Särge in Reih und Glied und in Nischen befinden sich sauber gestapelt die aufgesammelten Gebeine. Großen Schaden nahm die Gruft im Zweiten Weltkrieg, als Bomben die Wasserleitungen am Michaelerplatz trafen und die Gruft überschwemmten. Bis heute sind die Restaurierungsarbeiten und Rettungsmaßnahmen der Gruft samt Särge und Leichen nicht abgeschlossen und eine wahre Mammutaufgabe. Die Räume, die man heute betreten kann, sind nur ein Teil des unterirdischen Friedhofs. Einige der Nischen sind bis heute verschlossen und sollen mittel- und langfristig zur Sichtung und Restaurierung geöffnet werden.

Infos

Die Michaelergruft ist nur im Rahmen einer Führung zu besichtigen. Diese findet freitags und samstags um 10 und 12 Uhr statt, dauert etwa 45 Minuten und kostet 8 Euro. (Geld in bar und am besten passend bereithalten). Mehr Infos gibt es hier. Fotografieren ist nicht erlaubt.

Fazit: Mein absolutes Highlight rund ums Thema „schauriges Wien“! Ich fand die Michaelergruft und die Führung super interessant und faszinierend. Hier unten ist es wahrlich schaurig-schön! Wenn man sich für eine Gruft entscheiden muss, dann definitiv für diese!

Einer der Räume in der Kapuzinergruft.

Kapuzinergruft: Die Grabstätte der Habsburger in Wien

In der Kapuzinergruft, der Grablege der Habsburger-Dynastie, geht es weniger schaurig als repräsentativ zu. Unter der bescheidenen Kirche und dem Kloster des Kapuzinerordens ruhen seit 1618 die sterblichen Überreste der Habsburger Kaiserinnen und Kaiser. Flächenmäßig ist die Kapuzinergruft die größte in Österreich. Ein Rundgang durch die Kaisergruft ist also vor allem auch ein Rundgang durch 400 Jahre Landesgeschichte. Unter den rund 150 Verstorbenen in der Gruft befindet sich auch die berühmte Kaiserin „Sisi“. Das prunkvollste Monument unter den ohnehin bemerkenswerten Grablegen ist der Doppelsarkophag der Kaiserpaares Maria Theresia und Franz I. Stephan. Übrigens finden bis heute Bestattungen ausgewählter Angehöriger der ehemaligen Herrscherfamilie in der Gruft statt.

Infos

Die Kapuzinergruft kann auch ohne Führung besucht werden. Der Eintritt kostet 8,50 Euro. Es finden auch regelmäßig Führungen statt. Weitere Infos dazu gibt es hier.

Fazit: Die Kapuzinergruft ist für alle interessant, die sich für die Habsburger-Dynastie interessieren oder einfach das Grab von Sisi sehen wollen. Meiner Meinung nach ist die weitläufige Gruft sehenswert, aber ähnlich wie andere Herrschergruften etwa in München und weniger besonders als mein Favorit, die Michaelergruft.

Bist du auch ein Gruftengänger? Und welche war die faszinierendste, die du bisher besucht hast? Lass es mich in den Kommentaren wissen.

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2 Kommentare

  1. […] In Wien hast du gleich an mehreren Orten die Gelegenheit „Gruftn schauen“ zu gehen. Die Führungen in Katakomben unter dem Stephansdom sind immer gut besucht, in der Kapuzinergruft inklusive dem Grab von Kaiserin „Sisi“ kannst du auch auf eigene Faust die prunkvollen Sarkophage bewundern. Mein absoluter Favorit, und vielleicht auch die gruseligste Gruft, ist die Michaelergruft, in der du nicht nur wunderschön bemalte Holzsärge, sondern auch Mumien in Seidenkleidern zu sehen bekommst. Hier bekommst du noch einmal die schönsten Wiener Grüfte im Überblick. […]

  2. […] Legenden nach war Lazarus der erste Bischof von Larnaka. Aus diesem Grund befindet sich in der Krypta der Kirche der Sarkophag, auf dem sein Name eingemeißelt ist. Er ist allerdings leer. Angeblich […]

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